Die Vereinten Nationen haben 2025 zum Internationalen Jahr der Genossensaften erklärt. Unter dem Motto „Cooperatives Build a Better World“ rücken Genossenschaften ihre Rolle in der globalen und nachhaltigen Entwicklung stärker in den Fokus. UN-Generalsekretär António Guterres lobt Genossenschaften als flexible, gemeinschaftliche Wirtschaftsakteure, die regionales Unternehmertum stärken, Marktzugang ermöglichen und Armut bekämpfen – somit einen entscheidenden Beitrag zu den UN-Nachhaltigkeitszielen leisten.
Historische Wurzeln
Die genossenschaftliche Tradition in Deutschland basiert wesentlich auf den Ideen von Friedrich Wilhelm Raiffeisen und Hermann Schulze-Delitzsch. Vor etwa 170 Jahren gründeten sie erste Kredit- und Einkaufsgenossenschaften für Bäuer:innen und Handwerker:innen, was die Grundlage für eine weltweit verbreitete gesellschaftliche Wirtschaftsform legte.
Heute finden sich Genossenschaften in praktisch jedem Land – zum Beispiel mit 855.000 in Indien, 45.000 in Uganda, 41.100 in Japan und 29.300 in den USA.
Die Genossenschaftslandschaft in Deutschland
- Anzahl & Sektoren: In Deutschland existieren rund 8.000 Genossenschaften in Bereichen wie Wohnen, Landwirtschaft, Energie, Banken, Gesundheit, Handwerk und Kultur.
- Mitglieder & wirtschaftliche Bedeutung: Etwa 20 Mio. Menschen sind Mitglied – das sind viermal so viele wie Aktionäre. Dazu gehören rund 15 Mio. allein bei Volks- und Raiffeisenbanken.
- Prüfungs- und Dachverbände: Der DGRV (Deutscher Genossenschafts- und Raiffeisenverband) vertritt über 5.400 Genossenschaften mit 20 Mio. Mitgliedern, 950.000 Beschäftigten und fungiert als Spitzenprüfungsverband. Daneben ist der Genoverband e.V. in Deutschland mit rund 2.590 Mitgliedsgenossenschaften aktiv.
Warum Genossenschaften demokratisch sind
Genossenschaften stehen für eine basisdemokratische Organisationsform, die sich durch folgende Merkmale auszeichnet:
- Ein Mitglied, eine Stimme: In der General- oder Vertreterversammlung hat jedes Mitglied genau eine Stimme – unabhängig von Kapitalanteilen. Das garantiert demokratische Entscheidungen.
- Grundprinzipien: Selbsthilfe, Selbstverantwortung und Selbstverwaltung: Die Mitglieder tragen die Verantwortung gemeinsam und gestalten die Geschicke eigenständig – gemäß den genossenschaftlichen Werten.
- Dreistufige Governance:
- Die Generalversammlung (oder bei großen Genossenschaften die Vertreter:innenversammlung) entscheidet über grundlegende Themen und wählt den Aufsichtsrat.
- Der Aufsichtsrat überwacht und bestellt den Vorstand.
- Der Vorstand leitet das operative Geschäft.
- Rechtsrahmen & Satzung: Das Genossenschaftsgesetz (GenG, erstmals 1889, zuletzt 2024 novelliert) sichert demokratische Mitbestimmung, ermöglicht schon mit 3 Mitgliedern die Gründung und fördert Kultur- und Sozialprojekte.
- Solidaritäts- und Nutzenprinzip: Gewinne werden nicht verspielt – sondern in die Gemeinschaft reinvestiert oder als Rückvergütung im Mitgliedergeschäft ausgeschüttet.
- Regionale Verankerung: Genossenschaften in Deutschland sind oft lokal verwurzelt, fördern nachhaltige Geschäftsmodelle und übernehmen gesellschaftliche Verantwortung – ein Gegengewicht zu rein profitorientierten Akteuren.
Vorteile für Ihre Beratungspraxis
- Transparenz & Vertrauen: Demokratische Strukturen schaffen Vertrauen bei Mitgliedern, Kunden und öffentlichen Akteur:innen.
- Nachhaltige Bindung: Mitgliederorientierung sorgt für langfristiges Commitment und Widerstandskraft in Krisenzeiten.
- Anpassungsfähigkeit: Durch Eingriffe der Mitgliederversammlung bleiben Genossenschaften flexibel, können Innovationsprojekte umsetzen und kulturelle Orientierungen integrieren.
- Relevante Rechtsrahmen: Handlungsempfehlungen zur Gründung, Satzungsgestaltung, steuerliche Behandlung (z.B. gemeinnützige Ausrichtung) basieren auf GenG.
Fazit
Genossenschaften sind mehr als eine Unternehmensform – sie sind eine gelebte Form von Demokratie im Wirtschaftssystem. Mit ihren Werten der Teilhabe, Solidarität und Nachhaltigkeit fügt sich die Rechtsform ideal in moderne Beratungsstrategien ein. Gerade Unternehmen und Initiativen, die Werteorientierung und gemeinschaftliches Engagement verfolgen, finden in der Genossenschaft eine ideale Rechts- und Organisationsform.